Cannabis wird häufig als natürliches Heilmittel für chronische Schmerzen, Übelkeit und Angstzustände angepriesen, sollte aber ausschließlich ärztlich verordnet eingesetzt werden.
Cannabis zu verharmlosen, ist in Anbetracht aktueller Forschungsergebnisse gefährlich. Der Konsum von Cannabis hat schwerwiegende Auswirkungen, besonders auf das sich entwickelnde Gehirn junger Menschen!
Welche Wirkstoffe hat Cannabis?
Cannabis besteht aus über 100 Komponenten. Die am besten erforschten Cannabinoide sind Cannabidiol (CBD) und Tetrahydrocannabinol (THC).
CBD hat keine berauschende Wirkung und wird zur Linderung von Entzündungen und Schmerzen (ohne THC) eingesetzt. In einem aufwendigen Verfahren wird das THC extrahiert, um den Wirkstoff CBD (ohne THC) zu gewinnen. Tetrahydrocannabinol ist der psychoaktive Bestandteil von Cannabis der “high” macht aber auch süchtig machen kann.
Wie wirkt sich Cannabis auf die Entwicklung des Gehirns aus?
Übermäßiger Konsum von THC kann das Endocannabinoid-System (ECS) stören. THC beeinflusst die synaptische Prägung, Neurogenese und Neurotransmitterregulation. Das bedeutet, dass THC die Funktionalität des Gehirns beeinflusst, besonders während der Gehirnentwicklung. Im Reifungsprozess des Gehirns werden schwächere Synapsen eliminiert und stärkere synaptische Verbindungen verstärkt. Wird dieser Prozess gestört kommt es zu fehlerhaften neuronalen Verknüpfungen und folglich zu kognitiven (geistigen) Defiziten.
CB1 und CB2-Rezeptoren haben im Gehirn sehr wichtige Funktionen. CB1-Rezeptoren sind für kognitive Funktionen, wie Aufmerksamkeit, Erinnern, Lernen, Planen, sowie für Emotionen und Belohnung zuständig. CB2-Rezeptoren beeinflussen die Immunantwort und Neuroinflammation (Entzündungen des Nervensystems). Die Bindung von THC an CB1 und CB2 Rezeptoren kann vor allem in jungen Jahren die gesunde Gehirnentwicklung stören.
Welche Gehirnregionen können durch Cannabis geschädigt werden?
Der Hippocampus ist besonders anfällig für THC, da er eine hohe Dichte an CB1-Rezeptoren aufweist. Konstanter Cannabiskonsum steht im Zusammenhang mit einer verringerten Hippocampus-Größe, Defiziten des räumlichen Gedächtnisses und Lernens.
Cannabis kann auch die Neurogenese im Hippocampus und Gedächtnisstörungen verursachen. Außerdem kann die Entwicklung des präfrontalen Kortex (PFC), der für Entscheidungsfindung, Planung und Impulskontrolle von Bedeutung ist und zuletzt ausreift, nachteilig verändert werden.
Aktuelle Studien zeigen, dass Jugendliche, die Cannabis konsumieren, eine Reduktion der grauen Substanz im PFC aufweisen und die Gehirnaktivität in diesen Regionen beeinträchtigt ist.
Macht Cannabis süchtig?
Auch die Neurotransmittersysteme werden durch Cannabis beeinflusst. THC erhöht kurzfristig die Dopaminausschüttung. Eine erhöhte Dopaminausschüttung stört das Belohnungssystem und das Risiko für Abhängigkeit erhöht sich. Cannabiskonsum in der Jugend erhöht generell die Wahrscheinlichkeit für Substanzmissbrauch. Außerdem kann es die Freisetzung von Glutamat reduzieren und damit Lernfähigkeit und Gedächtnis negativ beeinflussen.
Kann Cannabis psychische Erkrankungen auslösen?
Neben kognitiven Störungen erhöht Cannabiskonsum auch das Risiko für psychische Erkrankungen. Früher Konsumbeginn und häufiger Gebrauch werden mit einem erhöhten Risiko für Psychosen in Verbindung gebracht. Zudem gibt es eine Korrelation zwischen Cannabiskonsum, Depressionen und Angstzuständen. Die emotionale Regulation kann durch den Konsum beeinträchtigt werden, was langfristig zu psychischen Erkrankungen führen kann.
Cannabis hat erhebliche Auswirkungen auf die Gehirnentwicklung und kann lebenslange Folgen nach sich ziehen. Konsumiert ein Jugendlicher regelmäßig Cannabis, sollte professionelle Hilfe in Anspruch genommen werden, um nachhaltige Gehirnfunktionsstörungen zu vermeiden.
Können Suchterkrankungen mit Neurofeedback behandelt werden?
Das Peniston/Kulkosky EEG Alpha-Theta Neurofeedback wird bereits seit den 1990er Jahren zur Behandlung von Suchterkrankungen eingesetzt. Bei Abhängigkeitserkrankungen zeigen sich meist zu geringe Gehirnaktivitäten im Frequenzbereich Alpha, zu hohe Gehirnaktiviäten im langsamen Frequenzbereich Theta und eine Übererregung im schnellen Frequenzbereich Beta. Beim Peniston/Kulkosky-Neurofeedback werden Alpha- und Theta-Gehirnaktivitäten erhöht, um die schnellen Beta-Aktivitäten zu reduzieren, um den Suchtdruck einzudämmen. Mit Biofeedback wird zusätzlich die Herzratenvariabilität durch Atemfunktionstraining verbessert und die periphere Temperatur erhöht, um auch das periphere Nervensystem zu entlasten.
Quellen
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