Wie erkennt man AD(H)S bei Kindern?

24. März 2025

Sind Unruhe, Impulsivität oder Konzentrationsprobleme bei Kindern normal?

Klein­kin­der und Vor­schul­kin­der zei­gen oft Ver­hal­tens­wei­sen wie Hyper­ak­ti­vi­tät, Wut­aus­brü­che oder eine erhöh­te Sen­si­bi­li­tät. Sind die­se Ver­hal­tens­wei­sen nor­mal und ent­wick­lungs­be­dingt oder Hin­wei­se auf Auf­merk­sam­keits­de­fi­zit-Hyper­ak­ti­vi­täts­stö­run­gen (ADHS) oder Auf­merk­sam­keits­de­fi­zits­tö­run­gen (ADS)?

Eltern hof­fen natür­lich, dass sich Hyper­ak­ti­vi­tät, Kon­zen­tra­ti­ons­pro­ble­me und Emo­ti­ons­stö­run­gen mit der Zeit legen, bleibt AD(H)S jedoch uner­kannt und unbe­han­delt, kann die­se Stö­rung das sozia­le Leben und den Bil­dungs­weg nega­tiv beein­flus­sen. Laut der Cen­ters for Dise­a­se Con­trol (CDC) sind rund 7 Mil­lio­nen Kin­der zwi­schen 3 und 17 Jah­ren von AD(H)S betrof­fen. Die Dia­gno­se ist bereits ab einem Alter von vier Jah­ren mög­lich. Die AD(H)S The­ra­pie könn­te also bereits im Vor­schul­al­ter erfolgen.

Welche Risikofaktoren stehen bei Kindern mit AD(H)S im Zusammenhang?

  • erhöh­tes Alter der Mut­ter bei der Geburt
  • fami­liä­re Vorbelastungen
  • sozia­le Her­aus­for­de­run­gen wie Tren­nung der Eltern, Erkran­kun­gen der Eltern oder wirt­schaft­li­che Probleme
  • ver­zö­ger­te moto­ri­sche und sprach­li­che Entwicklung

Welche Symptome weisen bei Kindern auf AD(H)S hin?

  • Koor­di­na­ti­ons­pro­ble­me und erhöh­te Unfall­ge­fahr: Kin­der mit AD(H)S nei­gen zu unkon­trol­lier­ten Bewe­gun­gen und sind häu­fi­ger in Unfäl­le verwickelt.
  • Impul­si­vi­tät: häu­fi­ges Unter­bre­chen von Gesprä­chen, lau­te Reak­tio­nen und unüber­leg­te Hand­lun­gen sind typisch
  • Lern­pro­ble­me: Schon im Vor­schul­al­ter kön­nen man­geln­de Auf­merk­sam­keit und Kon­zen­tra­ti­on das Ler­nen beeinträchtigen.
  • Schlaf­pro­ble­me: AD(H)S-Kinder lei­den oft an Schlaf­stö­run­gen, die ihre Sym­pto­me ver­stär­ken können.
  • hohe emo­tio­na­le Sen­si­bi­li­tät: Kin­der mit AD(H)S erle­ben Gefüh­le meist inten­si­ver und kön­nen sich schwe­rer beruhigen.
  • her­aus­for­dern­des Ver­hal­ten: Vie­le Kin­der mit AD(H)S ent­wi­ckeln aggres­si­ve Verhaltensmuster.
  • unauf­hör­li­cher Bewe­gungs­drang: Ruhelosigkeit

AD(H)S weist eben­so gene­ti­sche Kom­po­nen­ten auf. Es ist daher emp­feh­lens­wert, auch auf all­fäl­li­ge Sym­pto­me der Eltern zu ach­ten. Oft wird die AD(H)S-Diagnose der Eltern erst im Zuge der Unter­su­chung der Kin­der erkannt.

Was kann bei AD(H)S helfen?

  • Biofeedback und Neurofeedback zur Emo­ti­ons­re­gu­lie­rung und Konzentrationssteigerung
  • Ver­zicht auf (raf­fi­nier­ten) Zucker, künst­li­che Zusatz­stof­fe und All­er­ge­ne wie z. B. Gluten
  • pro­te­in­rei­che Ernäh­rung: Eine aus­ge­wo­ge­ne Nähr­stoff­zu­fuhr för­dert Kon­zen­tra­ti­on und gibt Energie.
  • Bewe­gung: Regel­mä­ßi­ge kör­per­li­che Akti­vi­tät redu­ziert Hyperaktivität.
  • aktive Regeneration zum Aus­gleich der (Über-) Akti­vie­rung: Atem­funk­ti­ons­übung im Baro­re­flex­rhyth­mus, klas­si­sche Entspannungsmethoden
  • gesun­der Schlaf: Schlaf­för­dern­de Maß­nah­men und Schlaf­hy­gie­ne wir­ken sich posi­tiv auf Ver­hal­ten und Kon­zen­tra­ti­on aus.
  • Reduk­ti­on der Bild­schirm­zeit: Ein­ge­schränk­ter Medi­en­kon­sum ver­bes­sert die Konzentrationsfähigkeit.
  • natür­li­che, medi­zi­nisch abge­stimm­te Nahrungsergänzungsmittel
  • Ver­zicht auf Fast­food, Fer­tig- oder Halbfertigprodukte
  • aus­rei­chen­de Flüs­sig­keits- und Elektrolytezufuhr

Neurofeedback-Therapie bei ADHS

Die Neurofeedback-The­ra­pie ist eine ver­hal­tens­me­di­zi­ni­sche Metho­de, die zur Behand­lung von AD(H)S ein­ge­setzt wird, da sie die Gehirn­ak­ti­vi­tä­ten reguliert.

Ent­spre­chend dem indi­vi­du­el­len AD(H)S Typus haben sich unter­schied­li­che Neurofeedback-The­ra­pie­pro­to­kol­le als effek­tiv erwiesen.

  • The­ta/­Be­ta-Neurofeedback: Bei AD(H)S liegt häu­fig ein erhöh­tes Ver­hält­nis der Gehirn­ak­ti­vi­tä­ten im Fre­quenz­be­reich The­ta zu redu­zier­ten Gehirn­ak­ti­vi­tä­ten im Fre­quenz­be­reich Beta Die­ses Ungleich­ge­wicht führt zu erhöh­ter Unauf­merk­sam­keit und Impul­si­vi­tät. Durch das The­ta/­Be­ta-Neurofeedback ler­nen Betrof­fe­ne die­ses Ver­hält­nis zu regu­lie­ren, um die Kon­zen­tra­ti­ons­fä­hig­keit zu erhö­hen und die Hyper­ak­ti­vi­tät zu reduzieren.
  • SMR-Neurofeedback (Sen­sor­mo­tor Rhyth­mus): Die­se The­ra­pie kon­zen­triert sich auf die Regu­lie­rung des sen­sor­mo­to­ri­schen Rhyth­mus (12–15 Hz), um die Fähig­keit zu fokus­sie­ren und die Impuls­kon­trol­le zu verbessern.
  • SCP-Training (Slow Cor­ti­cal Poten­ti­als): Wird AD(H)S durch eine Fehl­funk­ti­on neu­ro­na­ler Erre­gung und Hem­mung (der Neu­ro­nen) aus­ge­löst, kön­nen mit­tels SCP-Neurofeedback die lang­sa­men kor­ti­ka­len Poten­tia­le regu­liert wer­den. Von AD(H)S betrof­fe­ne Kin­der und Erwach­se­ne pro­fi­tie­ren beson­ders von die­sem The­ra­pie­ver­fah­ren, das an der Uni­ver­si­tät Tübin­gen bereits in den 1960er Jah­ren erforscht wur­de und zur nach­hal­ti­gen Ver­bes­se­rung der Auf­merk­sam­keit und Ver­hal­tens­kon­trol­le führt.

Neurofeedback kann auch ergän­zend zu medi­ka­men­tö­sen oder psy­cho­the­ra­peu­ti­schen The­ra­pien ein­ge­setzt werden.

Quellen

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