Die Wirksamkeit des Neurofeedbacks gegen Epilepsie entdeckte Maurice Barry Sterman, Schlafforscher, Ende der 60-iger Jahre. Zuerst wies er nach, dass Katzen mittels Neurofeedbacktraining ihre Gehirnstromaktivitäten (im sensomotorischen Kortex) verändern können. Mit weiteren Studien zur Behandlung von Schlafstörungen gelang Sterman der Nachweis, dass Neurofeedbacktraining den sensomotorischen Rhythmus (ein Frequenzbereich der Gehirnstromaktivitäten) erhöht und sich dadurch die Schlafspindeln verstärken.
Als er anschließend den Auftrag erhielt, die neurologischen Reaktionen auf einen neuen Raketentreibstoff zu untersuchen, führte er wieder Tierversuche durch. Dabei stellte er fest, dass die „Neurofeedback-Katzen“ im Gegensatz zu anderen Katzen weitaus resistenter gegen die Wirkung des Raketentreibstoffs waren. Untrainierte Katzen erlitten schwere epileptische Anfälle, während die trainierten viel später Symptome zeigten und keine, oder nur leichte, epileptische Anfälle, erlitten.
1972 führten Sterman und Friar bei PatientInnen mit generalisierten Anfällen (Grand Mal) Neurofeedback Therapien durch, bei denen die PatientInnen erlernten, vermehrt Gehirnstromaktivitäten im Bereich von 11 Hz – 13 Hz zu produzieren. Innerhalb eines Beobachtungszeitraums von 5 Jahren blieb die Anfallsreduktion von zwei Anfällen pro Monat auf einen Anfall pro Vierteljahr stabil. Diese Studie war die erste Neurofeedbackstudie mit der durch Training des sensomotorischen Rhythmus generalisierte und fokale Epilepsie beeinflusst wurden.
Weitere Tier- und Humanstudien zeigten in der Folge, dass die sogenannte SMR-Gehirnaktivität zwischen 12 Hz -15 Hz mit dem Anwachsen thalamokortikaler Hemmung verbunden ist, besonders, wenn dabei die langsame Theta-Gehirnstromaktivität (1 Hz - 4 Hz) reduziert wird. Damit konnten epileptische Anfälle entweder verhindert oder stark reduziert werden.
Beim Neurofeedback nach Sterman wird der SMR-Rhythmus erhöht und frontal die langsame Theta-Aktivität gehemmt.
Sterman setze sich nachdrücklich dafür ein, Neurofeedback bei Epilepsie nicht erst einzusetzen, wenn Medikamente sich als unwirksam erweisen. Er begründete dies damit, dass Neurofeedback keine negativen Nebenwirkungen mit sich zieht, Anfälle verhindert oder reduziert und die Schlafqualität und kognitive Leistungsfähigkeit erhöht.
Neurofeedback wird seit 50 Jahren erfolgreich bei der Behandlung von Epilepsie angewandt
Zur gleichen Zeit, wie Sterman erforschten bereits in den frühen 70-iger Jahren Nils Birbaumer und Ute Strehl an der Universität Tübingen die Wirkung von Neurofeedback bei Epilepsie. Anders als beim Neurofeedback der SMR-Aktivität trainierten sie die langsamen kortikalen Potentiale zur Regulation von Erregung und Hemmung neuronaler Zellverbände zur Therapie von Epilepsie. Auch ihnen gelang in mehreren Studien der Wirksamkeitsnachweis (siehe Studien) des sogenannten SCP (Slow Cortical Potentials) Trainings. Birbaumer und Strehl fanden heraus, dass bei Epilepsie die Regulierung erregender und hemmender kortikaler Potentiale gestört ist. Sie entwickelten ein Neurofeedbackverfahren, mit dem Epilepsie-PatientInnen erlernen, ihre langsamen kortikalen Potentiale zu regulieren.
Biofeedbacktraining des sympathischen Hautreflexes zur Anfallsreduktion bei Epilepsie
2004 gelang Nagai et al. (A preliminary randomised controlled study. Epilepsy & Behavior 2004 (5) 216-223) der Nachweis, dass Biofeedbacktraining des sympathischen Hautreflexes die Anfallshäufigkeit signifikant verringert.
Der sympathische Hautreflex oder Skin Conductance Level (SCL) zeigt den Zustand des sympathischen Nervensystems an. Der SCL wird vorzugsweise von den Fingerkuppen abgeleitet. Die dort befindlichen Schweißdrüsen sind direkt mit dem sympathischen Nervensystem gekoppelt und produzieren bei Aktivierung durch Reize Schweiß. Dadurch steigt die Leitfähigkeit der Haut messbar.
Nagai entdeckte, dass mit Hilfe des Biofeedbacks PatientInnen erlernen können, ihre Wachsamkeit zu steigern. Diese willentliche sympathische Aktivierung erhöht den SCL und verringert gleichzeitig negative kortikale Potentiale (Gehirnstromaktivitäten), die epileptische Anfälle auslösen.
Die Behandlung und Rehabilitation von neurologischen Erkrankungen mit verhaltensmedizinischen Methoden …
„…ist ein besonders erfolgreicher Abschnitt der Lernpsychologie. Allerdings mehr in wissenschaftlicher Hinsicht als in der Verbreitung der Anwendung, die häufig trotz nachgewiesener Effizienz an mangelnden Kenntnissen und Fertigkeiten der in Neurologie und Psychologie Tätigen scheitert“ (Birbaumer et al. 2001, S 45).“
Seit diesem Zitat sind über zwanzig Jahre vergangen und die „neuen Methoden“ des Bio- und Neurofeedbacks wurden weiter verbreitet und verfeinert. Sie bieten eine ideale Therapieform für PatientInnen, die ihre Krankheiten und Beeinträchtigungen selbstbestimmt und nachhaltig an der Wurzel packen möchten. Die Methode funktioniert schmerzfrei, ohne Medikamente und Nebenwirkungen.
Hat dieser Artikel Ihr Interesse geweckt? Dann freuen wir uns über Ihre Kontaktaufnahme!
Kontakt aufnehmen