Bei Depression und Angststörungen zeigt sich oft verringerte neuronale Aktivität der linken Gehirnhälfte, im dorsolateralen präfrontalen Kortex. Konkret beobachtet man verringerte Aktivität der Betawellen (schnelle Gehirnstromaktivität), bei gleichzeitig zu hoher Alpha- Aktivität (langsamere Gehirnstromaktivität). Diese Untererregung führt zu anhaltender depressiver Stimmung und verhindert die Angstbewältigung. Besteht dieser Zustand über längere Zeit, übernimmt das Gehirn diesen als Standardmodus und findet ohne therapeutische Intervention nicht mehr in die ursprüngliche Arbeitsweise zurück. Durch Neurofeedback und transkranielle Gleichstromstimulation (tDCS) kann die Funktionsweise des Gehirns wiederhergestellt werden- nachhaltig, schmerzfrei und ohne Medikamente.
Beim Neurofeedback-Frequenzbandtraining erlernen PatientInnen, in den betroffenen Gehirnregionen aktiv jene Gehirnaktivitäten zu stimulieren, die Störungen aufweisen. Konkret heißt dies bei Angst und Depression oft, Betaaktivität in der linken Hemisphäre zu erhöhen, und gleichzeitig die Alphawellen zu senken. Die Gehirnströme werden mittels EEG sichtbar gemacht und das gewünschte Verhältnis der Gehirnaktivitäten durch operante Konditionierung trainiert. Ziel der Therapie ist es, auch ohne medizintechnische Geräte und Feedback die richtigen Hirnströme in den richtigen Arealen produzieren zu können.
Die Gleichstromstimulation hingegen beeinflusst den elektrochemischen Prozess der Gehirnzellen durch elektrische Impulse und aktiviert oder hemmt gezielt jene Gehirnregionen, die untererregt oder übererregt sind. Wie bei der Neurofeedbacktherapie wird bei Depression und Angststörungen die frontale linke Gehirnhälfte stimuliert. Allerdings nicht durch Training, das zur Selbstregulation führt, sondern mittels Gleichstrom. Dabei wird gezielt die Kommunikation der Gehirnzellen, also der Neuronen, beeinflusst. Gehirnareale werden durch Gleichstrom stimuliert, indem sie erregt oder gehemmt werden.
Was passiert bei einer Gehirnstimulation?
Bei der sogenannten transkraniellen Gleichstromstimulation werden zwei Elektroden an bestimmten Bereichen des Kopfes, die zuvor mit Kochsalzlösung befeuchtet werden, angebracht. Stirnband, kleine Gummibänder oder Haube fixieren die Sonden. Zu Beginn der Behandlung kann ein leichtes Kribbeln spürbar werden, das sich aber rasch wieder legt. Die Behandlungszeit liegt zwischen 20 und 30 Minuten. Bereits nach wenigen Stimulationen ist eine Verbesserung der Stimmungslage zu erwarten. Wiederholte Stimulationen (10 bis 15) führen zur deutlichen Verbesserung der Symptome (siehe Studien), die antidepressive Wirkung tritt meistens nach etwa 2-3 Wochen ein. Ebenso wie bei Biofeedback und Neurofeedback, sind bei der transkraniellen Gleichstromstimulation bei ordnungsgemäßer Durchführung durch erfahrene TherapeutInnen keine Risiken und Nebenwirkungen bekannt.
Wann werden Neurofeedback-Frequenzbandtraining und transkranielle Gleichstromstimulation eingesetzt?
Wie oben beschrieben verfolgen beide Methoden grundsätzlich dasselbe Ziel, und wirken über ähnliche Pfade. Der wesentliche Unterschied liegt darin, dass beim Neurofeedback-Frequenzbandtraining aktiv und bewusst eine Fähigkeit trainiert wird, während die transkranielle Gleichstromstimulation die Ziel-Gehirnregionen ohne Zutun der PatientInnen erregt.
Beide Methoden können sowohl einzeln, als auch in Kombination eingesetzt werden. Die Wahl zwischen einer der Therapieformen in Einzelanwendung, oder der Kombinationstherapie, hängt von verschiedenen Faktoren ab. Viele Psychopharmaka nehmen, zum Beispiel, starken Einfluss auf die Gehirnströme und erschweren so, vor allem zu Beginn, ein klassisches Frequenzbandtraining. Bestehen die Symptome schon sehr lange, kann es ebenfalls schwerfallen, beziehungsweise länger dauern, die gewünschten Gehirnaktivitäten ausreichend zu produzieren. In beiden Fällen beschleunigt und unterstützt die tCDS die Therapie, indem sie „eingeschlafene“ Hirnareale „aufweckt“, und so bereit für das weitere Training macht.
Gleichzeitig schätzen jedoch viele PatientInnen den aktiveren Charakter des Frequenzbandtrainings. Anstatt passiv durch Medikamente oder andere Therapien beeinflusst zu werden, haben sie hier das Training selbst in der Hand, und können in Echtzeit beobachten, wie sie selbst Einfluss auf ihre Gehirnströme nehmen. Dies führt zu mehr Optimismus und gesteigerter Wahrnehmung von Selbstwirksamkeit.
Jede der oben beschriebenen Optionen wird in den allermeisten Fällen zu einer raschen und nachhaltigen Verbesserung der Fehlfunktionen und Beschwerden führen. Die Auswahl wird im Rahmen der Trainings- und Therapieplanerstellung von PatientInnen und TherapeutInnen gemeinsam getroffen.
Fazit
Neurofeedback und transkranielle Gehirnstimulation (tDCS) bieten moderne, wissenschaftliche Therapiemöglichkeiten, die als Alternative oder unterstützend zu medikamentösen und psychotherapeutischen Standardtherapien eingesetzt werden können, wenn traditionelle Therapien an ihre Grenzen stoßen, medikamentöse Therapien nicht möglich oder erwünscht sind.
Eine Studie zu Neurofeedback und Gehirnstimulation gibt es hier zum Herunterladen